Was ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung – und warum ist sie so wichtig?
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung – kurz BU – sichert dein Einkommen, wenn du deinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben kannst.
Wichtig: Damit sind nicht nur komplette Ausfälle gemeint – auch wenn Du nur noch zur Hälfte arbeiten gehen kannst, gilt das als Berufsunfähigkeit. Entscheidend ist eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit um mindestens 50 %.
Sie zahlt eine monatliche Rente, wenn die eigene Arbeitskraft durch Krankheit, Unfall oder psychische Belastung eingeschränkt ist.
Besonders wichtig ist sie für alle, die auf ihr regelmäßiges Einkommen angewiesen sind – also für die meisten Erwerbstätigen. Denn im Ernstfall reicht die staatliche Erwerbsminderungsrente oft nicht aus, um laufende Kosten zu decken oder den bisherigen Lebensstandard zu halten.
Berufsunfähigkeit durch psychische Erkrankungen
Psychische Erkrankungen gehören inzwischen zu den häufigsten Gründen für eine Berufsunfähigkeit. Im Jahr 2020 war laut der Deutschen Rentenversicherung bei mehr als 40 % der neuen Erwerbsminderungsrenten eine psychische Erkrankung die Hauptursache (Deutsche Rentenversicherung, 2021).
Auch bei privaten Berufsunfähigkeitsversicherern zeigt sich ein ähnliches Bild: Ein großer Teil der Leistungen wird aufgrund psychischer Belastungen wie Depressionen oder Burnout ausgezahlt – bei Frauen sogar in mehr als jedem dritten Fall (Versicherungsbote, 2022).

Erste Anzeichen psychischer Belastung: Was das für Deine BU-Vorsorge bedeutet
Wenn sich erste Anzeichen psychischer Belastung zeigen, stehen viele Menschen vor einer schwierigen Abwägung: Hilfe suchen – oder erst noch eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen? Wichtig ist dabei vor allem eins: Die eigene Gesundheit hat Vorrang.
Gleichzeitig lohnt es sich, das Thema BU im Blick zu behalten – nicht aus Angst, sondern aus Verantwortung für die eigene Zukunft. Denn: Eine begonnene Therapie oder Diagnose kann den späteren Abschluss erschweren. Wer also noch keine Behandlung begonnen hat und über eine BU nachdenkt, sollte sich möglichst früh informieren und beraten lassen. Dazu kannst Du bei Deiner Krankenkasse eine Datenkopie gemäß Art. 15 DSGVO anfordern. Diese enthält sämtliche dort gespeicherten medizinischen Informationen, etwa Diagnosen, Behandlungen oder abgerechnete Leistungen.
„Je früher, desto besser“ gilt daher auch hier – nicht im Sinne von Druck, sondern als Einladung zur rechtzeitigen Auseinandersetzung. Einige Versicherer bieten heute sogar BU-Verträge für Schüler:innen oder junge Erwachsene an, die später flexibel angepasst werden können – ohne erneute Gesundheitsprüfung.

Berufsunfähigkeitsversicherung mit psychischer Diagnose: Was Du beachten musst
Ob Rückenprobleme, chronische Erkrankungen oder eine begonnene Psychotherapie – wer bereits in Behandlung ist oder war, kann beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung auf Hürden stoßen. Selbst eine durchgeführte Diagnostik oder eine dokumentierte Diagnose kann bereits problematisch sein.
„Behandlungen – insbesondere psychische – führen häufig zu Beitragszuschlägen, Ausschlüssen bestimmter Diagnosen oder sogar zur vollständigen Ablehnung des Antrags“, erklärt Oliver.
Die Versicherer stellen dabei gezielte Fragen zu vergangenen Behandlungen – und zwar rückwirkend über unterschiedliche Zeiträume:
- Ambulante medizinische Behandlungen: in der Regel die letzten 3 Jahre
- Psychotherapeutische Behandlungen: meist die letzten 5 bis 10 Jahre
- Stationäre Behandlungen: die letzten 5 Jahre
Gerade bei psychischen Vorerkrankungen ist es oft schwierig, eine BU abzuschließen, solange die Therapie noch läuft oder die Diagnose zu frisch ist. „In den meisten Fällen sollte die Behandlung mindestens drei bis fünf Jahre zurückliegen, bevor ein Versicherer überhaupt über eine Annahme nachdenkt“, so Oliver.
Wer also bereits eine psychische Diagnose erhalten hat oder in Behandlung war, sollte den Antrag gut vorbereiten. Olivers Empfehlung:
- Patientenaktenbei allen behandelnden Ärzt:innen und Therapeut:innen anfordern
- Krankenkassen-Auszug einholen, um abgerechnete Behandlungen im Blick zu haben
Denn: „Nicht selten stehen in den Akten Diagnosen, von denen die Betroffenen nichts wissen – einfach, weil sie nie darüber informiert wurden. Wer hier unabsichtlich etwas vergisst, riskiert später den Versicherungsschutz."
Welche Unterlagen brauchst Du im Leistungsfall?
Damit die BU-Versicherung zahlt, sind vollständige und aussagekräftige Unterlagen entscheidend. Dazu gehören vor allem:
- Ärztliche Nachweise wie Atteste, Befunde und Therapiepläne
- Eine klare Aussage zur Berufsunfähigkeit (z. B. länger als 6 Monate arbeitsunfähig)
- Eine detaillierte Beschreibung der letzten Berufstätigkeit, inkl. Aufgaben, Belastungen und Tagesablauf
- Formulare des Versicherers, fristgerecht und vollständig ausgefüllt
Hilfreich sind außerdem: Rentenbescheide, Nachweise über Pflegegrad oder Grad der Behinderung sowie Bescheide von Krankenkasse oder Versorgungsamt.
Da es um hohe Summen geht, kann sich die Unterstützung durch spezialisierte Anwält:innen oder erfahrene Makler:innen lohnen – besonders bei komplizierten Fällen.
Wichtig: Wenn du z.B. eine psychische Vorerkrankungen oder eine laufende Therapie nicht angibst, obwohl der Versicherer explizit danach fragt, kann das rechtliche Folgen. Auch privat bezahlte Behandlungen fallen und die vorvertragliche Anzeigepflicht.
Olivers Tipp:
Vor dem offiziellen Antrag eine anonyme Risikovoranfrage bei zwei bis drei Versicherern stellen – am besten mit Unterstützung eines spezialisierten, unabhängigen Versicherungsmaklers.

Besonderheiten für Beamt:innen: Worauf es hier bei der BU ankommt
Auch für Beamt:innen ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll – allerdings mit einem entscheidenden Zusatz: der sogenannten „echten Dienstunfähigkeitsklausel“ (DU-Klausel).
Diese Klausel stellt sicher, dass die BU-Versicherung zahlt, sobald der Dienstherr eine offizielle Dienstunfähigkeit feststellt – etwa bei Entlassung oder vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen.
Ohne diese Klausel prüfen viele Versicherer eigenständig, ob tatsächlich eine Berufsunfähigkeit vorliegt – trotz der Entscheidung des Dienstherrn. Das kann im Ernstfall zu Verzögerungen oder sogar zur Ablehnung der Leistung führen.
Auch Beamt:innen müssen bei psychischen Vorerkrankungen mit Einschränkungen beim BU-Abschluss rechnen – hier gelten die gleichen Voraussetzungen wie für gesetzlich Versicherte: Laufende oder kürzlich abgeschlossene Therapien können zu Zuschlägen, Ausschlüssen oder einer Ablehnung führen. Deshalb betont Oliver auch hier: „Möglichst frühzeitig versichern – am besten vor der ersten Diagnose oder Behandlung.“
Fazit: Frühzeitig vorsorgen – besonders bei psychischen Belastungen
Wer erste Anzeichen für psychische Belastungen bei sich bemerkt, sollte nicht zögern, sich mit dem Thema Berufsunfähigkeit auseinanderzusetzen. Je früher der Abschluss erfolgt, desto besser – denn bereits begonnene Therapien oder Diagnosen erschweren die Annahme oft erheblich. Auch bestehende Verträge sollten regelmäßig geprüft werden: Ist die Absicherungssumme noch passend zur aktuellen Lebenssituation?
„Jede:r kann berufsunfähig werden – sogar vermeintlich unverwüstliche Männer“, betont Oliver. Arbeitgeber, die ihre Mitarbeitenden sensibilisieren wollen, können viel bewirken: Informationsveranstaltungen oder interne Angebote zur BU-Vorsorge helfen dabei, Risiken besser zu verstehen und rechtzeitig vorzusorgen – etwa im Rahmen einer betrieblichen Lösung.

About Oliver Fink
Oliver Fink ist Versicherungskaufmann mit langjähriger Spezialisierung auf Kranken- und Berufsunfähigkeitsversicherungen. Nach der Gründung eines eigenen Softwareunternehmens zur Analyse und zum Vergleich von Versicherungstarifen war er über ein Jahrzehnt mit der Bewertung von BU- und PKV-Tarifen beschäftigt.
Seit dem Verkauf seines Unternehmens an die cpit comparit GmbH arbeitet er dort an der Entwicklung einer neuen Vergleichsplattform für Krankenversicherungen. Zudem gibt er sein Fachwissen seit über zehn Jahren in Vorträgen an Berater:innen weiter – mit dem Ziel, Transparenz zu schaffen und fundierte Entscheidungen rund um Versicherungen zu ermöglichen.
Wer Fragen zu eigenen Situation hat, darf sich auch direkt per Mail an Oliver Fink wenden - als unabhängiger Versicherungsmakler berät er kostenfrei und individuell.
Disclaimer
Die Inhalte dieses Beitrages basieren auf einem Experteninterview mit Oliver Fink. Die Informationen wurden nach bestem Wissen zum Stand Juli 2025 zusammengestellt. Für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Inhalte wird keine Haftung übernommen. Der Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Beratung durch Fachpersonen.
Autorin
Der Artikel wurde erstellt und bearbeitet von Lotta Fink (Psychologiestudentin und Praxisassistenz, zum LinkedIn-Profil).